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    Pressestimmen 
      –>> GUIDO BIDINGER - Malerei und Zeichnung 
        - Meinhard Lentz 
      –>> Geschenk für Konrad Adenauer 
        stammt von Trierer Künstler 
      –>> Begegnungen mit einer fremden Welt 
        - Dr. Bärbel Schulte 
      –>> Einführung in die 
        Ausstellung - "Unterwegs" von Guido Bidinger am 28.10.2007- 
        Tufa Trier 
      –>> Farbige Studien mit deutlicher 
        Handschrift – von Ingrid Zimmermann (Süddeutsche Zeitung) 
      –>> Vom politischen 
        Ausdruck bildender Kunst – von Marcus Stölb 
         
       
       
      GUIDO BIDINGER - Malerei und Zeichnung - Meinhard Lentz 
         
        Guido Bidinger gehört noch zu einer Generation, 
        der die großen Umbrüche des vergangenen Jahrhunderts nicht 
        erlaubten, einen wohlgebahnten, sozusagen schulmäßigen Weg 
        zu ihrem Lebensziel zu gehen. 
        Wer 1939 Abitur machte, auf den wartete der große Krieg. Guido Bidinger 
        ist ihm auch wieder entkommen - 1949, zehn Jahre später - nach fünf 
        Jahren russischer Kriegsgefangenschaft. 
        Mit einem hintergründigen Lächeln, das vieles unausgesprochen 
        läßt, pflegt er von diesen Jahren zu sagen, sie seien seine 
        eigentliche Lehrzeit gewesen - und zwar in einem präzisen Sinne; 
        In diesen fünf Jahren wurde Kunst für ihn Überlebensstrategie 
        - und seine Lehre war ein autodidaktisches `learning by doing`. Denn um 
        diese Zeit zu überstehen, gab Guido Bidinger sich als das aus, was 
        er erst werden wollte, als Maler und Bildhauer. 
        Der Respekt des Lagerkommandanten vor künstlerischer Kreativität 
        beförderte ihn daraufhin zu einer Art `Brigadier` einer Bildhauerbrigade, 
        die nach seinen Anweisungen aus Baumstämmen, die Rohlinge figuraler 
        Plastik herausschlugen, denen er dann den Feinschliff gab. 
        Das Künstlerverzeichnis der Trierer Gesellschaft für Bildende 
        Kunst weist, nach Guido Bidingers Entlassung aus Kriegsgefangenschaft 
        einen Besuch der damaligen Werkkunstschule aus. Aber damit war es nicht 
        weit her. Den in fünf Jahren geformten Autodidakten machte das gemächliche, 
        methodische Schritt-für-Schritt der Werkkunstklasse ungeduldig. Und 
        Existenznot ließ auch gar keine Zeit für einen schulischen 
        Bildungsgang. Der Lebensunterhalt der elterlichen und bald auch der eigenen 
        Familie, zwang Guido Bidinger, vor dem Hand- das Kunstwerk hintan zu setzen, 
        das heist seinen Gesellen- und Meisterbrief zu machen, um dem väterlichen 
        Malerbetrieb vorstehen zu können. Zum Malen kam er nur noch zu nächtlicher 
        Stunde. Erst seine Anstellung als Kunsterzieher und Werklehrer an einer 
        Trierer Schule Mitte der 60er Jahre gab dann dem Künstler Guido Bidinger 
        Raum zur Entfaltung. 
        Die Bilder, die Guido Bidinger jetzt in der Theater-Galerie Trier zeigt, 
        verdanken sich den Reisen, die er seit den 70er Jahren unternommen hat. 
        Sie haben ihn - um nur auch in dieser Ausstellung berührten Räume 
        zu nennen - in Europa und im Mittelmeerraum in die Provence, nach Spanien, 
        Venedig, Griechenland, in die Türkei, auf die Sinai-Halbinsel und 
        nicht zuletzt nach Fernost - Thailand, China Japan, Bali - geführt. 
        Während der Künstler diese Ausstellung vorbereitete, hat hat 
        er mit dem Gedanken gespielt, sie `Illustrationen` seiner Reisen zu nennen. 
        Das hätte etwas Provokatives gehabt. 
        Ungeachtet der lange herrschenden Zeitströmung, die nur der ungegenständlichen 
        Kunst die Qualität der Avantgarde, des Progressiven, ja des Demokratischen 
        zusprach - hat Guido Bidinger zwar immer an der gegenständlichen 
        Gebundenheit seiner Malerei festgehalten, aber sie leistet gerade nicht, 
        was man gemeinhin von `Reiseillustrationen` erwartet: die abbildende Bebilderung 
        von Reiseeindrücken. 
        Wer als Thema dieser Bilder die Rialto-Brücke, den Pekinger Himmelstempel 
        oder die Pagode von Kyoto sucht, also die touristisch obligatorischen 
        Wahrzeichen bestimmter Örtlichkeiten, der wird enttäuscht. Wenn 
        überhaupt, finden sie sich eher als Randphänomene. 
        Diese Bilder bieten keine Projektionsfläche für eigene Reiseerinnerungen. 
        Sie reflektieren vielmehr die Erfahrungen, Anregungen, Herausforderungen, 
        die das Reisen Guido Bidinger vermittelt hat. Es gilt, sich auf seine 
        Sicht einzulassen. Und das ist natürlich die Sicht eines Augenmenschen, 
        eines Malers. 
        Den linken oberen Bereich des großformatigen Bildes `Sinai, Gartenlandschaft`(Abb.5), 
        füllt ein unwahrscheinlich intensives Rot, unwahrscheinlich in einem 
        doppelten Sinne; einmal als Farbqualität an sich - zum anderen aber 
        unwahrscheinlich als Blütenpracht eines Baumes, auf die der Maler 
        unerwartet im Sinai stieß. Ihr gesellte sich in dieser Wüsten- 
        und Felslandschaft ebenso überraschend ein Fleck grüner Erde 
        zu. 
        Nicht die felsigen Abstürze des Sinaigebirges und nicht als Katharinenkloster 
        - dieser Farbklang wurde zur Herausforderung des Malers. 
        Oft sind es zwei, drei Farben, ihr ungewöhnlicher Zusammenklang oder 
        ihre Spannung, die die Keimzelle eines Bildes bilden. 
        Sie werden zum Ausgangspunkt für die Setzung farblicher Kontraste 
        oder die Vermittlung einer Farbspannung in einem Prozeß farblicher 
        Mischungen und Brechungen, der die Ursprungselemente farblich nuanciert 
        und moduliert. 
        Nun ist es aber nicht so, als würde der Farbklang oder Farbkontrast, 
        der den Anstoß zu einem Bild gibt, die reale Farbigkeit eines Wirklichkeitsausschnittes 
        abschildern. 
        Von einer solchen Vorstellung warnt schon die Tatsache, daß die 
        ausgestellten Bilder, alle in den letzten drei Jahren, zum Teil also lange 
        nach den Reisen entstanden sind. Sie entstammen also dem von einem Skizzenbuch 
        geleiteten `malerischen Gedächtnisses`. 
        Und schon die noch angesichts des Objekts skizzierende Hand transformiert 
        die gesehene Wirklichkeit unter bildgestalterischen Aspekten. 
        Erst recht aber bearbeitet das malerische Gedächtnis die gesehene 
        Wirklichkeit produktiv, transponiert ihre Farben, transzendiert sie in 
        eine Farbigkeit sui generis,, eine für jeden Raum je eigene Farbstimmung. 
        Auf diese Weise entfalten die Bilder ein Farben- und Formenspiel, das 
        nicht einfach eine gesehene Realität abbildet, sondern Landschaften, 
        Kulturräume in charakteristischer Weise reflektiert, nämlich 
        gespiegelt, verwandelt im malerischen Temperament Guido Bidingers. 
        Die Spannweite dieses Temperaments zeigt sich im Griff zu unterschiedlichen 
        Techniken; 
        zu der leichten schwebenden, flüchtigen Farbigkeit der Aquarelle 
        - in einigen ist die ganz dem Impetus des Augenblicks hingegebene Spontaneität 
        im Malduktus noch unmittelbar spürbar - zu den dichteren, dem Ausarbeiten 
        der Zwischentöne günstigen Acrylfarbe und Mischtechnik, schließlich 
        zum Ölbild, dessen Malschichten manchmal von der beharrlichen Bearbeitung 
        eines gestalterischen Problems zeugen. 
        Über der Sensibilität und dem hohen ästhetischen Reiz der 
        Palette Guido Bidingers, ihrer Kraft, die visuelle Phantasie des Betrachters 
        in Bewegung zu setzen, darf man nicht vergessen, daß figurale und 
        gegenständliche Formen ein konstitutives Element siner Bilder sind. 
        Sie sind durchaus der gesehenen Umwelt entnommen. Aber das geschieht mit 
        gestalterischen Freiheit. 
        Vor allem löst er sie aus dem Zusammenhang vorgefundener räumlicher 
        Zuordnungen und macht sie zu Gestaltungselementen, die in gleichsinniger 
        Fügung und gleichseitiger komplementärer Spannung, den Bildaufbau, 
        die Komposition ins Werk setzen. 
        Nach so vielen Worten ist es vielleicht an der Zeit, an eine Warnung Goethes 
        zu erinnern. Er hat gemeint, alles, was man über ein wirkliches Kunstwerk 
        sagen könne, sei `leerer Windhauch`. Denn - so in seinem römischen 
        Brief vom 27. Juli 1787 - `Die Kunst ist deshalb da, daß man sie 
        sehe, nicht davon spreche...` (Hamb. Ausg. Bd. 11, S. 372). Und dieser 
        eigentlichen Existenzweise der `Malerei und Zeichnung` Guido Bidingers 
        sollten wir uns jetzt zuwenden.  
        (Vortrag gehalten zur Eröffnung der Ausstellung `Guido Bidinger - 
        Malerei und Zeichnung` in der Theatergalerie Trier am 8. Januar 1999) 
         
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      Geschenk für Konrad Adenauer stammt von Trierer Künstler 
         
        Madonna von G. Bidinger in Kriegsgefangenschaft gearbeitet 
        Altbundeskanzler Dr. Konrad Adenauer wurde im Rahmen der großen 
        Gratulationscour in Bonn vom Verband der Heimkehrer (VdH) eine handgeschnitzte 
        kleine Madonnenfigur überreicht. Der 89 jährige zeigte sich 
        über das Geschenk besonders erfreut. Der Heimkehrerverband wollte 
        Adenauer mit der Überreichung dieser Madonnenfigur, die vom Trierer 
        Künstler Guido Bidingerin russischer Kriegsgefangenschaft gearbeitet 
        wurde, danken für seine erfolgreichen Bemühungen um die Heimkehr 
        so vieler deutscher Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft. 
        Unter großen Schwierigkeiten wurde die von Bidinger geschaffene 
        Madonna aus Rußland nach Deutschland gebracht und gelangte in den 
        Besitz des Heimkehrerverbandes, der sie nun Dr. Adenauer überreichte. 
        Die von Guido Bidinger 1944 in Kriegsgefangenschaft geschnitzte Madonna 
        diente dem katholischen Lagerpfarrer als Altarschmuck bei der heiligen 
        Messe. Dieser brachte sie mit nach Deutschland. 
        In den vergangenen Jahren befand sich die von Bidinger geschnitzte Madonna 
        in der Ausstellung des Verbandes der Heimkehrer `Wir mahnen`, die Werke 
        von Kriegsgefangenen zeigte. 
        Von Guido Bidinger, mit Erich Kraemer Ramboux-Preisträger 1964, schrieb 
        der General-Anzeiger Duisburg aus Anlaß einer Ausstellung: Bidinger 
        ist Autodidakt. Er entdeckte und bildete sein künstlerisches Talent 
        in den fünf schweren Jahren russischer Kriegsgefangenschaft und organisierte 
        in Wologda eine erste Ausstellung seiner Bilder. Sein weiterer Lebensweg 
        ist für den Kunstfreund insofern interessant, als er charakteristisch 
        ist für die innere Selbstsicherheit, für die geistige Unabhängigkeit 
        und für die kritische Selbsteinschätzung dieses Künstlers.. 
        Nach der Gefangenschaft absolvierte B. eine Malerlehre und machte in diesem 
        Handwerk eine Meisterprüfung und setze auf der soliden Basis einer 
        umfassenden Materialkenntnis seine künstlerische Arbeit fort. Dabei 
        machte er sich völlig frei von jedem Sog modernistischer Tendenzen 
        und gestaltete, ganz dem mystischen Zug seines Wesens folgend, Bilder, 
        die in keine der üblichen Kategorien einzuordnen sind... 
        Ausschnitt aus der `Trierischen Landeszeitung` vom 7.1.1965  
         
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      Begegnungen mit einer fremden Welt - Dr. Bärbel Schulte 
         
        `Guido Bidinger - frühe und neue Malerei - Begegnungen 
        mit der fremden Welt, den Menschen und ihren Kulturen`. so lautet der 
        ursprünglich geplante und eigentlich vollständige Titel der 
        heutigen Ausstellung, die anläßlich Guido Bidingers bevorstehendem 
        80. Geburtstag von der Gesellschaft für Bildende Kunst ausgerichtet 
        wurde. `Begegnungen mit der fremden Welt`, das ist zwar hier wohl zunächst 
        kultur-geographisch allgemeint, jedoch auch durchaus auf das Ausstellungswesen 
        ganz allgemein zu beziehen. Bei jeder Ausstellung kommt es zu Begegnungen 
        mit der oftmals fremden Welt eines Künstlers und man muß sich 
        jedes mal aufs Neue mit den gezeigten Werken auseinander setzen, sich 
        auf sie einlassen. Gerade darum werden sie ja präsentiert, denn die 
        Künstler schaffen in den seltensten Fällen ganz autistisch nur 
        für sich alleine. 
        Dies gilt insbesondere für Guido Bidinger, der großen Wert 
        auf den Austausch legt. Seine Arbeiten leben vom Dialog mit dem Betrachter, 
        deshalb verdienen sie auch die Bezeichnung `Begegnungen`. Es sind nicht 
        allein Begegnungen zwischen dem Betrachter und dem Kunstwerk, sondern 
        auch Begegnungen zwischen dem Betrachter und dem Künstler Guido Bidinger, 
        der mit wachen Augen durch die Welt reist und uns seine Eindrücke 
        vermittelt. 
        Aus einer frühen Schaffensperiode, Anfang der 60er Jahre, sind drei 
        Arbeiten in dieser Ausstellung vertreten, die Guido Bidingers intensive 
        Auseinandersetzung mit der damaligen aktuellen Kunstszene dokumentieren. 
        Farbliche Verdichtungen bis hin zu monochromen Strukturen, festere Linien, 
        rhythmischer Gestus und reliefhafte Züge kennzeichnen die nachtachistische 
        Avantgarde gegen Ende der 50er Jahre. Ein neuer Formbegriff verwandelte 
        die Bildfläche in eine stoffgebundene Aussage. `Wirklichkeit`, so 
        schrieb der bekannte Kunsthistoriker Rolf Wedwer 1960, `bedeutet nicht 
        länger den Höhenflug einer kosmischen oder psyschichen Jenseitigkeit, 
        sondern konkretes Gegenüber, plastische, räumliche Gegenwart, 
        Umgang mit der irdischen Materie, Engagement in den stofflichen Mitteln 
        des Bildmaterials`. Die damals hauptsächlich verwendeten Erdfarben, 
        ihr Aufbau, Ihre Schichtung und ihre Behandlung bildeten eine autonome 
        Eindringlichkeit, die - an geologische Gesetze anknüpfend - Dauer 
        und Unaufhörlichkeit suggerieren und den Bildern eine neue Festigkeit, 
        eine geistige Stabilität verleihen sollten. 
        Diese damals ganz neuen Stilmerkmale finden wir zum Teil auch in den drei 
        Arbeiten Guido Bidingers verwirklicht. Eines zeigt Totemfiguren aus der 
        Südsee sog. `Adus` (Abb.12), ein anderes den 
        `Gelben Fluß` (Abb.13), umgeben von den für 
        Südchina typischen kegelförmigen Hügeln, die sich kulissenartig 
        in die Landschaft schieben. Die exotische Vegetation wird in der breiten 
        Umrandung aufgenommen, in die das Bild eingebettet ist. Das Aufreißen 
        und Zuspachteln des Malgrundes, die verschiedenen Zustände der Materie 
        gemahnen an den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens der Natur. 
        Bereits hier finden wir die raffinierte Gestaltung der Bildoberfläche, 
        die auch Bidingers spätere Arbeiten auszeichnen. 
        Die bildnerische Auffassung ist sehr weit vom Realistischen entfernt, 
        ohne sich - entgegen der damals vorherrschenden Marschrichtung - ganz 
        vom Gegenstand zu lösen. Hier geben Farben und Formen eine Idee oder 
        einen Eindruck der jeweiligen Landschaft oder einer Kultur wieder, ohne 
        abbildhaft zu sein. Guido Bidinger kannte diese Landschaften damals noch 
        nicht aus eigener Anschauung, sondern nur aus der Literatur, erst nach 
        seiner Pensionierung konnte er die großen Reisen mit seiner Frau 
        unternehmen, Japan, China, Indonesien, Indien, Ägypten, Rußland 
        und den Mittelmeerraum hat er mittlerweile bereist. Die Ferne hat ihn 
        immer fasziniert und wie wir hier sehen, haben bereits die frühesten 
        Arbeiten fremde Kulturen und Länder zum Thema. Ein großer Teil 
        seines Oeuvres steht unter diesem Zeichen. 
        Es sind Bilder, in denen er Eindrücke und Erinnerungen verarbeitet, 
        die er auf seinen zahlreichen Reisen gesammelt hat. Vor Ort fertigt er 
        Skizzen, die er später - zum Teil viel später - in seinem Atelier 
        ausarbeitet. Das Ergebnis hängt natürlich auch von seiner Tagesstimmung 
        ab. Persönliche Stimmungen und Befindlichkeiten fließen in 
        die Arbeiten ein. 
        Es sind subjektive Beobachtungen und Wahrnehmungen, denen er Form und 
        Farbe verleiht und die er umgestaltet, teilweise ganz unabhängig 
        von den realen örtlichen Gegebenheiten. Manche seiner Bilder sind 
        nur flüchtige Gedankenskizzen. Dies ist vor allem bei den Aquarellen 
        der Fall, die in ihrer zarten Duftigkeit und Lichtfülle nur einen 
        Augenblick spontan festhalten und die Stimmung Acryl- und Ölgemälde 
        dagegen sind dichter, meist völlig durchgearbeitet. Hier spielt vor 
        allem die Farbe eine wichtige Rolle, deren Gestaltung und Behandlung er 
        in diesen Techniken intensiv bearbeiten kann. Sie sind wesentlich stärker 
        abstrahiert als die Aquarelle, mehr auf Form- und Farbzusammenhänge 
        aufgebaut. Das Motiv gibt lediglich den Impuls zur künstlerischen 
        und vor allem zur farblichen Auseinandersetzung. 
        Betrachten wir beispielsweise das Gemälde `Japanischer Garten ll` 
        aus dem Jahr 1982 (Abb.15). Das Farberlebnis von 
        Kirsch- und Mandelblüten schlägt sich in dem rosafarbenen Feld 
        nieder, dessen Form jedoch völlig unabhängig von dem Baum steht. 
        Die gleichzeitige Strenge dieses Feldes und des kompositorischen Aufbaus 
        ermöglicht jedoch Assoziationen an den strengen und klar gegliederten 
        Aufbau japanischer Gärten. 
        Guido Bidingers malerische Finesse und seine Kultiviertheit in der farbigen 
        Gestaltung wird in den Bildern wie dem 1994 entstandenen `Tanz um das 
        goldene Kalb`(Abb.16) evident. Er verwendet häufig 
        expressive Farben, ohne jedoch ins Plakative abzugleiten. Mit sicherem 
        Gefühl für die Verteilung und Gewichtung verleiht er seinen 
        Bildern eine sensible, differenzierte Farbigkeit, Peinture im besten Sinne. 
        Wir finden starke Farbkontraste und expressive Farborgien einerseits, 
        einen verhaltenen, fast zärtlichen Umgang mit zarten Farben andererseits. 
        Abhängigkeit von der jeweiligen Stimmung oder dem Eindruck der Landschaft 
        werden die Bilder zunächst farbig angelegt, abstrakte Flächen, 
        die sich vom Gegenstand weitgehend gelöst haben, höchstens farbassoziativ 
        wirken. So ist beispielsweise die Darstellung des `Palio`(Abb.21) 
        in Siena, in seinen warmen Rot- und Brauntönen farblich geprägt 
        von den typischen Ziegelbauten dieser Stadt. 
        Zwar ist die flirrende Hitze der südlichen Regionen auf einigen Bildern 
        förmlich zu spüren, auf anderen ist es die Vitalität der 
        leuchtenden Rottöne oder die Morbidität der grau- braunen Flächen, 
        die sich dem Betrachter vermitteln, doch wird die Verteilung dieser Flächen 
        von innerbildlichen Gesetzmäßigkeiten bestimmt. Die eigentlichen 
        Motive werden häufig nur fragmentarisch durch einige flüchtige 
        Striche angedeutet. Die Menschen, die hin und wieder in seinen Bildern 
        erscheinen, haben meist keine Gesichter, es sind Typen. Er kennt sie nicht, 
        sie sind und bleiben anonym. Dennoch gehören sie zum Straßenbild 
        der Städte ebenso wie die Tiere, die manchmal auftauchen. Er zeigt 
        sie in typischen Posen und Gewändern, ohne daß sie klischeehaft 
        wirken. 
        Klischees sind ihm verhaßt, aus diesem Grund findet man in seinen 
        Arbeiten auch selten die touristischen Wahrzeichen der jeweiligen Städte 
        oder Landschaften, sondern im Gegenteil eher nebensächliche Straßenzüge, 
        Landschaften oder Szenen, die in den Reiseführern kaum erwähnt 
        oder abgebildet werden, für ihn aber aufgrund ihres Farbklangs gerade 
        von besonderem Reiz waren. Es ist keine Konsumkunst, die längst Bekanntes 
        zeigt und bei der der zweite Blick nicht lohnen würde. Die Bilder 
        eröffnen dem Betrachter viel Assoziationsspielraum. Seien es Erinnerungen 
        an selbst unternommene Reisen, seien es Träume von fernen Ländern, 
        die jeder von uns hegt und die dadurch Nahrung erhalten. 
        Guido Bidinger verfügt über eine große Bandbreite künstlerischer 
        Gestaltungsmöglichkeiten und experimentiert mit unterschiedlichen 
        Techniken, so ist er auch nicht allein auf seine Landschaften und Reisebilder 
        festzulegen. Er behandelt ganz unterschiedliche Themen, wie das Gemälde 
        `Traum eines Malers`(Abb.19) von 1999. Es ist eine 
        farbliche Umsetzung eines unbewußten Gefühls. Die vorherrschende 
        Farbe ist Violett, die Farbe der Nacht. Durch den kompositorischen Aufbau 
        und die Verteilung der Flächen entsteht Spannung und Dynamik, der 
        Betrachter wird in einen Strudel gerissen, ähnlich wie sich der Träumende 
        in seinem Traum verliert. 
        Seit 1953 beschickt Guido Bidinger regelmäßig Ausstellungen 
        im In- und Ausland, Städte wie Paris, Hamburg, München erscheinen 
        in seinem Verzeichnis. 1964 erhielt er den Ramboux-Preis der Stadt Trier, 
        1970 den Akademie-Preis der renommierten Sommerakademie Salzburg. 
        Seine Bilder überzeugen sowohl auf formaler wie auf ästhetischer 
        Ebene, sie sind sinnlich und kraftvoll, regen die Phantasie des Betrachters 
        an und öffnen dem, der sich darauf einläßt, neue Horizonte. 
        Guido Bidinger hat etwas zu sagen und das Sie heute Abend hier so zahlreich 
        erschienen sind, zeigt, daß er mit seiner Malerei doch viele Menschen 
        anspricht. 
        (Vortrag gehalten zur Eröffnung der Ausstellung `Guido Bidinger - 
        frühe und neue Malerei`, Galerie Palais Walderdorff, Trier, am 18. 
        Februar 2000) 
         
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      Einführung in die Ausstellung - "Unterwegs" 
        von Guido Bidinger  
        am 28.10.2007 - Tufa Trier 
      Vor ziemlich genau 2 Jahren hat Guido Bidinger Trier 
        verlassen, um nach Gengenbach bei Offenburg im Schwarzwald in die Nähe 
        seiner Kinder zu ziehen. 
        Jetzt stellt er in der Tufa aus und die Ausstellung ist eine Mischform 
        aus Retrospektive und aktuellen Arbeiten aus den letzten zwei Jahren. 
         
        Auch wenn viele den Künstler und Menschen Guido Bidinger kennen, 
        gehe ich zum Anfang zurück, um zu seinem spezifischen Zugang zur 
        Malerei zu aufzuzeigen. 
        Nach dem Krieg verbrachte Guido Bidinger 5 Jahre in einem Gefangenenlager 
        im Norden Russlands und beschäftigte sich in dieser Zeit intensiv 
        mit Malerei und Plastik, wobei dort die Mittel und Grundlagen erst einmal 
        geschaffen werden mussten: Pinsel wurden selbst hergestellt und als Malgrund 
        diente gebleichtes Zuckertütenpapier.  
        In diesen fünf Jahren wurde Kunst für ihn Überlebensstrategie 
        - und seine Lehre war ein autodidaktisches `learning by doing`.  
        Diesen improvisierten und experimentellen Zugang hat sich Guido Bidinger 
        sein ganzes Leben im Umgang mit der Malerei bewahrt.  
        Obwohl sein Stil unverkennbar ist, legt er sich auch in den Arbeiten der 
        letzten Jahre nicht auf eine Stilrichtung fest, sondern zeigt in dieser 
        Ausstellung Collagen mit strengerer Formgebung neben lockeren und leichten 
        Aquarellen, Zeichnungen und freie Malerei.Der Titel der Ausstellung "Unterwegs" 
        verweist zum einen auf ein Lebensmotto Guido Bidingers, ist jedoch auch 
        im übertragenen Sinne zu verstehen: der Künstler ist immer unterwegs 
        und wir alle sind es in unserem Leben auch dann, wenn wir scheinbar verweilen. 
         
        Das Leben selbst ist Unterwegssein. 
        Guido Bidinger in die Welt hinaus gegangen, um das Fremde und Unbekannte 
        zu erleben. Studienreisen führten ihn nach Japan, China, Marokko, 
        Indien, Südostasien, Burma, Ägypten und in sämtliche Mittelmeerländer. 
        Dabei entstand eine Vielzahl von Skizzen, die dem Maler später im 
        Atelier als Formnotizen dienen. Seine Bilder sind nie Abbild, sie reflektieren 
        vielmehr Erfahrungen, Anregungen, Herausforderungen, die das Reisen ihm 
        vermittelt hat.  
        Guido Bidingers Bilder bilden in ihrem Farben- und Formenspiel keine gesehene 
        Realität ab, sondern reflektieren Erfahrungen, Anregungen und Hersausforderungen, 
        die ihm die Reisen vermittelt haben und verwandeln Landschaften und Kulturräume 
        in besonderer und charakteristischer Weise.  
        Oft ist es eine ungewöhnliche Farbstellung und die daraus resultierende 
        Spannung, die den Ausgangspunkt eines Bildes bilden. Die Komposition ist 
        bestimmt durch die Einheit von Erinnerung, Erfahrung, Form und Farbe auf 
        spezifisch bearbeiteten Malgründen, wobei figurative Elemente sind 
        immer in den Bildern zu finden sind. Sie sind durchaus der gesehenen Umwelt 
        entnommen und werden losgelöst aus dem Zusammenhang ursprünglicher 
        räumlicher Zuordnungen zu Gestaltungselementen, die gleichwertig 
        mit anderen Gestaltungsmitteln wie Form und Farbe eine Komposition bestimmen. 
        Die Bilder lassen dem Betrachter viel Assoziationsspielraum.  
        Guido Bidinger hat immer in unterschiedlichen Techniken gearbeitet; es 
        sind leichte und sehr spontane Aquarelle entstanden ebenso wie dichtere 
        und stärker strukturierte Mischtechniken und Acrylbilder 
        Neben der eigenen Malerei war für Guido Bidinger immer die Vermittlung 
        seines Könnens also das Arbeiten mit Schülern elementar wichtig. 
         
        Als Kunst- und Werklehrer, als Dozent für Keramik an der Europäischen 
        Kunstakademie arbeitete er bis zu seinem Weggang von Trier kontinuierlich 
        mit einer stattlichen Anzahl erwachsenen Schülern in Acryltechnik, 
        Ton und Aquarell. Dabei war es ihm stets wichtig, den eigenen Stil eines 
        jeden einzelnen zu fördern und die jeweilige Person in ihrem Umgang 
        mit dem künstlerischen Medium zu bestärken. 
        Auch hier stand der unakademische Umgang (im positiven Sinne) mit dem 
        Malen im Vordergrund. Keine bestimmte Technik, wie man sie aus akademischen 
        Aquarell-Lehrbüchern kennt, stand im Vordergrund sondern, die Komposition 
        eines Bildes, die aus einer Kombination verschiedener Techniken entstehen 
        konnte. Malen erfordert Mut - auch wenn das Risiko, das man einging, vergleichsweise 
        gering war. (Es durfte nämlich auch abgewaschen werden.) 
        Gemalt wurde jedoch nicht nur im Atelier - auch hier war Guido Bidinger 
        mit seinen Schülern unterwegs. 
        Er unternahm das, was für ihn selbst auch elementar wichtig war - 
        Reisen zuerst nach Frankreich aber auch nach Mallorca und Bulgarien. 
        Ich erinnere mich dabei sehr gern an wunderbar entspannte Frankreichaufenthalte, 
        bei denen jedoch auch viel gearbeitet wurde. Es entstand ein starkes Gruppengefühl 
        und eine entsprechende Dynamik und oft war das, was im Atelier schwer 
        gefallen war, plötzlich leicht, weil die Freiheit zu experimentieren 
        größer war als in der gewohnten Umgebung. 
        Guido Bidinger zeigte, was es bedeuten kann - neugierig durch die Welt 
        zu gehen. Die Reisen wurden so immer auch zu einer Schule des Sehens, 
        ein wichtiger Begriff für ihn, der zurückführte auf seine 
        Aufenthalte in der Sommerakademie Salzburg bei Oskar Kokoschka. 
        Wenn man über Guido Bidinger spricht, ist es ganz wichtig, auch seine 
        Frau Claire zu erwähnen. Stets zur Seite hat sie ihm in all den Jahren 
        immer den Rücken frei gehalten für seine Arbeit, war auch bei 
        den Reisen an seiner Seite und mehr noch ... hat sie mit organisiert und 
        sich in ihrer ruhigen ausgeglichenen Art oft im Hintergrund um vieles 
        gekümmert. 
        In den letzten zwei Jahren hat sich das Arbeiten für Guido Bidinger 
        verändert. Er hat keine Malgruppen mehr und vergleicht seine Arbeitsweise 
        mit der eines Mönchs in einer Klause.  
        Er arbeitet intensiver, da die Ablenkungen geringer sind als in der Trierer 
        Zeit und er arbeitet oft länger an einem Bild. 
        Die neueren Arbeiten sind daher fast ausschließlich Mischtechniken 
        in spannenden intensiven Farbstellungen. 
        (persönliches Dankeschön) 
        Lydia Oermann 
         
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      Farbige Studien mit deutlicher Handschrift 
        Der 87-jährige Künstler Guido Bidinger 
        aus dem Badischen stellt in der Schondorfer Galerie Rose aus 
        Süddeutsche Zeitung / Landkreis Starnberg 
        / vom 13.07.2007  
         
        Schondorf – Bildende Kunst lässt sich 
        von vielerlei Schubläden und Plattformen her definieren. Eine davon 
        ist, dass zwar deutlich eine eigene Handschrift erkennbar ist, jedoch 
        in spielerischer Freiheit die unterschiedlichsten Handwerke und stilistischen 
        Vorgehensweisen verbunden werden. So ist es bei Guido Bidinger, dem Gast 
        aus dem Badischen, dessen Arbeiten nach einer persönlichen Vermittlung 
        in der Galerie Rose in Schondorf zu sehen sind.  
        Bidinger, 1920 in Trier geboren und erst nach dem Krieg und der Kriegsgefangenschaft 
        in Russland 1949 zum ersehnten Studium an der Werkkunstschule seiner Heimatstadt 
        gelangt, stehen die graphische Umsetzung aus einer sehr lockeren Zeichenhand 
        und das weich fließende Aquarell in Nass- in-Nass-Technik ebenso 
        zur Verfügung wie die den gesamten Bildgrund mit intensiver Farbigkeit 
        füllende Arbeit mit Acryl und Ölkreiden. `Frauenbildniss`, 
        ein mit nur wenigen Linien skizzierter Akt in der hellen, kaum strukturierten 
        Bildmitte, zeigt sich wie von einem breiten dunklen Rahmen umgeben. In 
        `Altamira`, erst im vergangenen Jahr während 
        einer Reise entstanden, verschmelzen unterschiedliche Zeiten. Ein Ochsengespann, 
        ebenfalls locker gezeichnet und koloriert, zieht dahin von einem Bild 
        im Bild: Die Wandzeichnungen der Rinder aus der berühmten Höhle 
        schweben wie ein Poster darüber. 'In einer indischen 
        Straßenszene' steht die heilige weiße Kuh in der Bildmitte. 
        Was der Arbeit jedoch eine besondere Botschaft mitgibt, sind die Silhouetten 
        zweier Tempel, als rosenholzfarbene Phantome im Hintergrund wahrzunehmen. 
        So ist für die tiefe, im Alltag immer noch gelebte Spiritualität 
        Indiens eine bildliche Metapher gefunden, in der unterschiedliche Ebenen 
        zusammen schwingen. 
        Guido Bidinger, langjähriger Kunsterzieher und Werklehrer in Trier, 
        dem zum 50. Geburtstag der Akademiepreis der Sommerakademie der Stadt 
        Salzburg zuerkannt wurde, eröffnete wenige Jahre danach sein eigenes 
        Keramikstudio in Trier. Mit knapp 60 hatte er für 10 Jahre einen 
        Lehrauftrag an der Keramikklasse der Akademie der Bildenden Kunst in Trier 
        inne. Trotzdem kam er noch weit in der Welt herum. In Schondorf zu sehen 
        sind farbige und immer expressiv bewegte Studien aus Bali, Marokko, Bulgarien, 
        Venedig und China. 
        INGRID ZIMMERMANN 
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        Vom politischen Ausdruck bildender Kunst 
        Unermüdlich auch im hohen Alter; der 
        84-jährige Trierer Künstler Guido Bidinger 
        Marcus Stölb, Trierischer Volksfreund, 
        2004   
         
        TRIER. Seit Jahrzehnten schon zählt Guido Bidinger 
        zu den herausragenden Malern Triers. Auch im Alter hat seine Schaffenskraft 
        kaum nachgelassen, wie ein Besuch im Atelier in der Olewigerstrasse zeigt. 
        Der alte Mann runzelt die Stirn, senkt kurz den Kopf und blickt dann wieder 
        durch den großen, hellen Raum: „Wissen Sie“, sagt Guido 
        Bidinger schließlich, „ich bin gar nicht so froh, wenn man 
        meine Bilder einfach nur schön findet“. Er kokettiert nicht, 
        denn Bidinger will in der Tat, dass seine Werke häufiger „in 
        Frage gestellt“ werden. Doch „leider ist das gar nicht mehr 
        üblich“, muß der Maler oft erfahren. Viele Leute hätten 
        „wohl Angst sich zu blamieren“, mutmaßt er dann und 
        lässt erkennen, dass Kritik an seinem Werk schon Substanz haben sollte, 
        wolle man sich mit ihm auseinander setzen. Substanz kennzeichnet Bidingers 
        Schaffen und Leben. Er ist kein Freund der großen Rede, verzichtet 
        auf szeneübliches Wortgeklingel. Daß er die Bodenhaftung verlieren 
        könnte ist bei dem 84-jährigen eher nicht mehr zu erwarten. 
        Bidinger hat immer den Drang verspürt, zu malen; bis heute gibt er 
        dem Drang täglich nach in seinen ungezählten Bildern, die mehr 
        Andeutung denn getreue Wiedergabe sind. Emotional sei er, sagt er über 
        sich und es klingt zunächst nüchtern. Doch in Bidinger arbeitet 
        es und wer länger mit ihm spricht, bekommt eine Ahnung davon, wie 
        sehr ihn das Zeitgeschehen auch emotional beschäftigt. 
        Die ambivalente Liaison von Politik und Kunst 
        Und Bidinger ahnt, dass seine Werke auch Ausdruck momentaner Stimmungslagen 
        und grundsätzlicher Einstellungen sind. „Das läuft dann 
        aber unbewußt ab“, stellt er klar und meidet so jeden falschen 
        Anschein. Dass Farben eine „heilende Wirkung“ haben und die 
        Kunst für ihn auch eine „Form der Selbsttherapie“ ist 
        leugnet Bidinger indes nicht. 
        Kunst politisch einzuspannen – das lehnt er ab, um dann noch hinzuzufügen: 
        „Aber als bildender Künstler drückt man sich ja auch irgendwie 
        politisch aus“. Und sei es dadurch, dass man auch bei rein ästhetischen 
        Motiven immer Gefühle und Empfindungen mit einflössen, die naturgemäß 
        naturgemäß auch politisch beeinflusst seien. 
        Daß Politik und Kunst eine mitunter unheilvolle Liaison eingehen, 
        weiß auch Bidinger. Doch im Fall der bevorstehenden und schon heftig 
        umstrittenen Ausstellung der sogenannten „Flick-Collection“, 
        hat Bidinger eine klare Meinung: „Hier heiligt der Zweck die Mittel“, 
        sagt er und fügt hinzu: „Wichtig ist doch, dass sich die Menschen 
        wieder mit Kunst auseinander setzen“. 
        Bidinger tut einiges dafür, Menschen mit Kunst in Berührung 
        zu bringen. Allwöchentlich besuchen ihn rund 20 Freund und Bekannte, 
        mit denen er malt oder in der Keramikwerkstatt arbeitet. Er versteht sich 
        nicht als „Lehrer“, so wie er seine künstlerisch aktiven 
        Besucher nie „Schüler“ nennen würde. Dabei weiß 
        Bidinger, dass sie von ihm lernen, ihm gewissermaßen nacheifern 
        wollen. Doch der einstige Kunsterzieher bleibt bescheiden, sieht auch 
        seine Grenzen. „Man kann nur einen Blindenstock schnitzen, damit 
        sie (gemeint sind die „Schüler“, Anm. d. Red.) nicht 
        in die Irre gehen“, hält er es mit Henri Matisse. 
        Sonnenstrahlen durchfluten das Dachgeschoß. „Malen ist Outing“ 
        sagt der Maler inmitten seiner Werke. Und: „Eine Wirkliche Künstlerpersönlichkeit 
        schaut nicht nach links und rechts“, ist Bidinger überzeugt. 
        Sich selbst treu bleiben – dass vermisst er heute, nicht nur unter 
        Künstlerkollegen. 
        Ob Jörg Immendorff sich treu geblieben ist, als er mit einer Armada 
        von Frauen das Hotelzimmer teilte und Kokain konsumierte? „Man sollte 
        aus seinem Verhalten keine Rückschlüsse auf Immendorffs Kunst 
        ziehen“, verlangt Bidinger kategorisch und fügt hinzu; „Die 
        gibt es nämlich nicht!“ Immendorff sei ein guter Maler und 
        „er ist wichtig für uns alle“. 
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